Warum die Steine- und Erdenindustrie jeden betrifft

Die Bedeutung von Sand und Kies

Wie so viele andere Grundpfeiler unserer Zivilisation, die unser alltägliches Leben erst ermöglichen, sind auch Sand und Kies zu einer „Selbstverständlichkeit“ geworden, deren Bedeutung meist verkannt wird.

Jeder Bundesbürger benötigt 1 kg mineralische Rohstoffe pro Stunde – pro Jahr etwa 8,7 Tonnen.

Für einen Kilometer Autobahn werden ca. 216.000 Tonnen Sand, Kies und Splitt benötigt.

Für den Bau des ca. 27.000 km langen Straßennetzes in Baden-Würtemmberg mussten etwa 1,7 Millarden Tonnen mineralische Rohstoffe verarbeitet werden.

Für den Erhalt dieses Straßennetzes werden jährlich knapp 1.000 km saniert und instand gehalten. Dafür werden jährlich etwa 10 Millionen Tonnen mineralische Rohstoffe benötigt.

Insgesamt ist nicht nur die gesamte Bau- und Technikindustrie auf den Abbau von Kies und Sand angewiesen. Wir alle könnten weder unser tägliches Leben noch technische Entwicklungen in der gewohnten Form weiterführen. Ohne die weitere Gewinnung von Kies und Sand würde sich unsere gesamte Zivilisation radikal verändern.  Der Bau neuer Gebäude und  Gebäudesanierungen wären praktisch nicht mehr möglich, Straßen würden verfallen und viele technische Geräte wie Smartphones und Computer könnten nicht mehr hergestellt werden.

Ohne den Abbau von Gesteinen fänden wir uns in kurzer Zeit in der Steinzeit wieder.

Die Einsatzmöglichkeiten

Kies wird in seiner Rohform hauptsächlich als Zuschlagstoff in Beton, als Filterschicht in Drainagen sowie im Straßenunterbau verwendet.

Noch vielschichtiger sind die Einsatzgebiete von aufbereitetem, gebrochenem Kies, dem Splitt. Hauptsächlich findet er im Straßenbau, als Frostschutzschicht unter der Fahrbahn, als Zuschlagsmaterial für Bitumen, als Rollsplitt und als umweltverträgliches Streugut im Winter seinen Einsatz.

Auf Grund der großen Korngrößenvariabilität der eiszeitlich gebildeten Kieslagerstätten fällt bei der Gewinnung von Kies auch immer Sand an. Sand ist ebenso für unser tägliches Wirtschaften  unverzichtbar, indem er zum Beispiel bei der Herstellung von Zement, Beton und Mörtel sowie als Untergrund beim Pflastern benötigt wird.
Aber auch bei der Herstellung von hochtechnologischen Industrieprodukten ist Sand ein wichtiger Rohstoff. So findet quarzreicher Sand  in der Glasindustrie und bei der Herstellung von Halbleitern (Computerindustrie und Solarzellen) Anwendung. Selbst in Kosmetikprodukten und Zahnpasta ist feinster Sand enthalten.

Bei der Nassaufbereitung (Waschen) von Kies fallen etwa 5-10 % des Rohmaterials als sogenannter Waschschlamm (Korngröße 0-1 mm) an. Dieser wird als Kabelsand bei der Verlegung von Internet- bzw. Energieleitungen (Nord-Süd-Stromtrasse) benötigt. Hauptsächlich jedoch handelt es sich bei diesem Schlamm um nicht verwertbare Rückstände aus der Produktion.

Entstehung von Kies und Sand

Die Bildung von Kies und Sand ist ein langwieriger Prozess, der sich über mehrere Millionen von Jahren erstreckt.

Den Ursprung für die Bildung von Kieslagerstätten bildet das Aufeinandertreffen sich bewegender Erdplatten, die sogenannte Plattentektonik. Bei der Kollision einer kontinentalen Platte mit einer ozeanischen Platte oder einer anderen kontinentalen Platte wirken ungeheure Kräfte, die zu einer Aufwölbung einer der Platten bzw. beider Platten führen. Je nach Kollisionsstärke und Größe der Platten haben diese Aufwölbungen die Bildung eines Hoch- oder Mittelgebirges zur Folge.

Schon während der Bildung eines solchen Gebirges setzt gleichzeitig dessen „Zerfall“ ein. Frostsprengung, Steilhänge und Verwitterung führen zur Entstehung von mächtigen Gesteinsblöcken, die sich talabwärts bewegen. Im Laufe der Jahrtausende werden diese Blöcke  vor allem durch  Frostsprengung und den Transport in  Gebirgsflüssen  weiter zerkleinert und abgerundet. Je länger der Transportweg der ursprünglich großen Blöcke ist, desto kleiner und abgerundeter wird das Material, bis es schlussendlich als Sand ins Meer gespült wird.

Einen weiteren großen Einfluss auf den Zerfall von Gebirgen haben Gletscher. An ihrer Basis  werden im Eis  permanent Gesteinsblöcke aus dem Gebirgsuntergrund herausgerissen, die beim Herabfließen der Gletscher Richtung Tal  ihrerseits  wieder das Untergrundgestein zertrümmern. So  fräsen sich die Gletscher nach und nach in das Gestein unter ihnen und transportieren große Mengen an Geröll beim Talabwärtsfließen vor sich her.

Vor allem während der Eiszeiten bildete sich  eine Vielzahl mächtiger Gletscher, die enorme Mengen Gesteinsfracht mit sich führten bzw. vor sich herführten. Gegen Ende der Eiszeiten, als die Gletscher schmolzen, blieben die Geschiebe und  Gerölle zurück und prägen seither als Moränen nicht nur die Geologie des Untergrunds, sondern mit ihren weichen und runden Formen vielfach auch die Landschaft. Diese Moränen sind als ergiebige Kies- und Sandlagerstätten heute vielfach wichtige Rohstoffabbaustätten.

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Valet u. Ott Gesteinskörnung gewaschener Kies03

Vorkommen und Qualitäten von Kies in Deutschland

Kieslagerstätten können sich nur in gebirgsnahen Gegenden entwickeln. Dort wo aus den Gebirgen große Felsblöcke von Flüssen oder Gletschern zerkleinert, gerundet und schließlich im Tal abgelagert wurden. Insbesondere während der Eiszeiten wurden, auf Grund der hohen Anzahl und der enormen Ausmaße von Gletschern, große Mengen an Kies und Sand gebildet.

In Deutschland gibt es nur wenige Gebiete mit den entsprechenden geologischen Voraussetzungen. Die Kies- und Sandlagerstätten nördlich der Alpen, in Bayern und Baden‑Württemberg bilden die größten und qualitativ hochwertigsten Vorkommen in Deutschland.

Durch eine sehr gute Verteilung der Minerale in den oberschwäbischen Moränekiesen sind sie ein idealer Zuschlagstoff für Beton. Schweizer Kiese, Rheinkiese und auch norddeutsche Kiese enthalten sogenannte amorphe Quarze (z.B. Feuerstein und Opal). Diese können den Beton unter Bildung einer gelartigen Substanz im Lauf der Jahre zerstören  (Alkali-Kieselsäure-Reaktion) und  so zur Instabilität von Bauwerken führen. Die Oberschwäbischen Kiese sind frei von amorphen Quarzen und daher qualitativ sehr hochwertig.

Aber auch die gute Verteilung der Korngröße ist ein Qualitätsmerkmal der Kiese in Baden‑Württemberg und Bayern. Durch die geringe Entfernung zu den Alpen enthalten die Kiese einen hohen Anteil an Grobkies und Geröllen. Dadurch lässt sich eine ideale Mischung der Korngrößen für eine optimale Festigkeit von Beton herstellen. Zum anderen bietet der Rohstoff aber auch die Möglichkeit zur ökonomischen Herstellung von qualitativ hochwertigen Splitten. Als Splitte bezeichnet man allgemein solche Kiese, die durch technische Aufbereitung gebrochen wurden und dadurch scharfe Kanten erhalten. Kiese hingegen zeichnen sich durch ihre runde Form aus.

Wo darf Kies abgebaut werden?

Kies kann nur dort abgebaut werden, wo er im Lauf der Jahrtausende abgelagert wurde. Dieser Satz ist zum Leitbild der Kiesindustrie, aber auch zum Konfliktsatz in der Bevölkerung geworden.

Dennoch lässt sich zu dieser naturgegebenen Situation keine Alternative bilden. Aber nicht jede Kieslagerstätte ist abbauwürdig bzw. wird zum Abbau freigegeben. Um eine Erlaubnis für den Abbau einer Lagerstätte zu erhalten, muss eine Untersuchung der Lagerstättenergiebigkeit mittels geologischer Erkundungsbohrungen durchgeführt werden.

Wenn eine abbauwürdige Lagerstätte nachgewiesen werden kann, bedarf es einer Bewertung, die im Falle eines Abbaus die Belastung der folgenden Schutzgüter betrachtet:

  • Schutzgut Boden
  • Schutzgut Mensch
  • Schutzgut Wasser
  • Schutzgut Klima und Luft
  • Schutzgut Landschaft und Landschaftsbild
  • Schutzgut Tiere und Pflanzen
  • Schutzgut Kultur und sonstige Güter

Für jedes dieser Schutzgüter muss vor der Beantragung einer Abbaugenehmigung eine genaue Untersuchung erfolgen und eine Beurteilung bzw. ein Gutachten erstellt werden. Erst wenn für alle Schutzgüter eine erhebliche Belastung bzw. eine Unverträglichkeit ausgeschlossen werden kann, erhält man die Möglichkeit, eine Abbaugenehmigung überhaupt erst beantragen zu können.

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